Ihre Fragen

Geschäftskontakte mit Industriepartnern aus der Eurasischen Union sind manchmal nicht einfach. Das weiß jeder deutsche Manager, der es schon versucht hat. Insbesondere gilt dies für Unternehmen der GUS, des Baltikums und anderer Regionen der ehemaligen Sowjetunion, in denen die marktwirtschaftlichen Reformen besondere Wege einschlagen.

Bei der Zusammenarbeit mit unseren Kunden und Partnern tauchen deshalb einige Fragen immer wieder auf. Die Antworten auf einige davon wollen wir Ihnen hier schon einmal näher bringen.

"Warum gestalten sich die gegenseitigen Beziehungen derart schwierig?"
 "Warum kommt der Vertrag trotz Win-Win-Situation nicht zu Stande?"
 "Warum stockt die Auftragsabwicklung trotz sauberer Verträge?"

Ungeachtet der Einhaltung aller Kommunikationsregeln und der Mitwirkung von Dolmetschern entstehen regelmäßig schwierige Verhandlungssituationen, Verständnisprobleme gehen offenbar weit über das rein Sprachliche hinaus. Aufträge gehen verloren, Chancen werden nicht erkannt oder nicht genutzt. Worin sind die Ursachen zu suchen?

Unterschiedliche Sichtweisen
Jeder drückt bei der Verfolgung seiner Ziele seine Position in Kenntnis seiner Situation mit seinen Methoden aus, ohne ausreichend daran zu denken, dass Situation und Methoden seinem Partner zu wenig bekannt sein könnten.

Unterschiedliche Begriffswelten
Begriffe wie Technischer Fortschritt, Marktwirtschaft, Globalisierung, Integration, Kommunikation versteht jeder auf seine Weise, je nach der Situation, in der er sich befindet.

Unterschiedliche Mentalitäten
Die Verständnisprobleme werden noch fühlbarer, wenn sich deutsche und z.B. russische, ukrainische oder kasachstanische Mentalitäten auswirken.

Niveau- und Strukturunterschiede
Die Wirtschaftsgesetzgebung der Länder, die Strukturen und das Niveau der Wirtschaft sind regional differenziert zu berücksichtigen.

Technische Probleme
Fragen der Standardisierung und Normung (in osteuropäischen Ländern vielfach noch per Gesetz!) sowie der Zertifizierung von Produkten und Leistungen für bestimmte Märkte können Vertragshindernisse darstellen. 

Sie bekommen aus der Eurasischen Union öfter Anfragen der Art:

"Wir möchten mit Ihnen zusammenarbeiten. Was kostet Ihr Schweissgerät?".

Sonstige Angaben zu dem gewünschten Gerät und seinen Einsatzbedingungen, zum Auftragsumfang usw. fehlen. Ihre Vertriebsmitarbeiter fassen den besten Vorsatz, weiter Details in Erfahrung zu bringen. Zunächst kommt die Anfrage aber meist auf einen wachsenden Stapel auf dem Schreibtisch oder wird an die zuständige Marketingabteilung weitergeleitet.

Insgesamt versteht niemand so recht, wieso diese Anfragen so unpräzise bleiben, obwohl doch die deutschen und englischen Bestellformulare und Ausschreibungstexte in Katalogen und auf Webseiten gut formuliert, jahrelang bewährt und vielleicht sogar exakt ins Russische (Rumänische,Ukrainische, usw.) übersetzt sind. Offensichtlich kommen die Anfrager mit den Produkt- und Bestelldaten nicht zurecht, ihre Begriffswelt scheint eine andere zu sein, Bestellvorgänge scheinen einen anderen Weg zu gehen als in westlichen Ländern üblich.

Besteller, Empfänger, Rechnungsempfänger, Zahlungsbefugter können vollkommen verschiedene Personen oder Organisationen sein.

Die geschäftliche Begriffswelt kann noch durch die frühere Staatswirtschaft mit ihren künstlichen Festpreisen vorgeprägt sein.

Traditionelle technische Termini, evtl. ein landestypischer "Branchenjargon", auch überholte oder missglückte, mindestens aber vom Gewohnten abweichende Normungen und Zertifizierungsverfahren erschweren das Produktverständnis.

Ihre Formulare, Katalog- und Ausschreibungstexte sind möglicherweise excellent übersetzt, jedoch nicht adaptiert worden. 

Hinter solchen Anfragen verbergen sich dennoch oft große Auftragsvolumen und Möglichkeiten, es lohnt sich also, hier eine knappe Antwort zu schicken (z.B. die Preisspanne) und mit dem Unternehmen ins Gespräch zu kommen. Sollte sich mehr ergeben, können Sie uns jederzeit hinzuziehen.

Sie werden von Ihrem russischen, kasachischen oder ukrainischen Partner zu einem mehrtägigen Besuch eingeladen. Doch bis zur Ankunft gelingt es Ihnen trotz Nachfrage nicht, eine Agenda für den Aufenthalt zu vereinbaren.

Natürlich gehen Sie davon aus, dass jedermann unter dem Wort "Agenda" eine Zeitplanung versteht, die die gesamte Aufenthaltsdauer umfasst und zu jedem Programmpunkt die Namen der Beteiligten mit deren Funktionen sowie zumindest Ort und Zeitpunkt auflistet. Vor allem gehen Sie davon aus, dass eine abgestimmte Agenda beiderseits als notwendige Bedingung für einen Erfolg des Besuchs angesehen wird. Beim Empfang von Besuchern, so gebietet  die Gastfreundschaft, steht der Gastgeber dem dem Besucher rund um die Uhr zur Verfügung. Und man macht ihm keine Vorschriften oder Vorschläge was stattzufinden hat.

Sie verhandeln den dritten Tag über den Verkauf einer konkreten Anlage, die Sie in Westeuropa normalerweise innerhalb von 4 Stunden unter Dach und Fach haben.

Drei Viertel der Zeit hören Sie höflich zu, welche schönen Produktionsräume Ihr Verhandlungspartner Ihnen anbietet, welche großartigen Aussichten Ihr Unternehmen erwarten, wenn Sie die eine oder andere Idee ihres Partners umsetzen. Nichts davon passt zu Ihrem Unternehmensprofil und zu Ihren aktuellen Zielen, doch Sie sagen "..vielleicht ..., wir denken nach.., mal sehen..", wie es höflich, üblich und unverbindlich ist (in Deutschland).

Für den Betrieb aus der Eurasischen Union sind diese Wörter eine Hoffnung und sehr wohl verbindlich. Man denkt: "Der Westpartner hat es versprochen!" Deshalb bekommen Sie immer mehr unpassende Argumente und Informationen.

Irgendwann müssen Sie die Situation klarstellen: "Uns interessiert jetzt und heute nur der Verkauf dieser konkreten Anlage!". Je eher Sie es tun, desto rascher kommen Sie zum Erfolg. Je diplomatischer Sie es tun, desto bessere Optionen für die Zukunft halten Sie sich offen, ohne bei Ihren Kunden trügerische Hoffnungen zu wecken. 

Sie fordern von den Mitarbeitern in Russland oder einem anderem Land, in dem ihr Partnerunternehmen ansässig ist, zum wiederholten Male Daten an. Sie bekommen aber wieder nicht das, was Sie brauchen. Gleichzeitig erscheinen Ihnen die Mitarbeiter demotiviert. Das können Sie sich nicht erklären, die Leute werden doch vergleichsweise sehr gut bezahlt und machen ihre Arbeit ansonsten gut.

"Wo nehme ich diese Daten her? Sind das die richtigen? Wie stelle ich diese Daten dar? Das sagt mir keiner. Fragen kann ich nicht, denn wenn mein Chef es von mir fordert, so geht er davon aus, dass ich das zu wissen habe."

Dies scheinen die Gedanken zu sein, die Ihre Mitarbeiter quälen. Warum schicken Sie kein Muster mit Beispieldaten und Erläuterungen? Weil Sie bis jetzt niemandem eines geschickt haben und niemand hat Sie danach gefragt. Natürlich haben Sie längst daran gedacht, doch Sie wollen Ihre Partner nicht belehren. Sie können es und sagen Sie, so brauche ich das und schon bekommen Sie das Gewünschte.